Zu hoher Zellgehalt in der Herdensammelmilch – wie kann geholfen werden?

Fachgruppe Melken und Melktechnik unter Mitarbeit v. K.Wendt

In der aktuellen Milchqualitätsbewertung wird die Anzahl an somatischen Zellen in der Herdensammelmilch mit maximal 400.000 Zellen pro ml Milch angegeben. Steigen die Untersuchungsergebnisse über diesen Level, kommt es für den Milcherzeuger sofort zu Abzügen vom Milchgeld und bei Überschreitung des Grenzwertes von 3 Monaten zur Liefersperre. Die Milch darf dann, entsprechend der Milch-Verordnung, so lange nicht mehr an die Molkerei geliefert werden, wie der Zellgehalt über 400.000 Zellen pro ml Milch liegt. Kann der Landwirt durch 2 repräsentative Milchproben im Abstand von 4 Tagen nachweisen, dass der Zellgehalt wieder unter diesen Grenzwert gefallen ist, so wird die Milch von der Molkerei wieder angenommen.
Das sind für den Landwirt natürlich hohe Verluste. Neben diesen direkten, administrativen Verlusten tritt mit dem Ansteigen des Zellgehaltes eine individuelle Verringerung des Milchertrages jeder erkrankten Kuh auf. Von noch höheren Verlusten, wie den in der Tabelle angegeben, wird aus Versuchen berichtet. Die Milcherzeuger sind daher daran interessiert, diesen Grenzwert nicht zu überschreiten. Anders als bei einem hohen Keimgehalt lässt sich aber der Zellgehalt in der Milch nicht so schnell wieder senken.

Denn, somatische Zellen unterliegen einem breiten Ursachenspektrum, wie es die nebenstehende Tabelle zeigt. In dessen Folge treten in der Regel Erkrankungen des Drüsenbereiches des Euters auf. Allein sich auf die Melkanlage und die Melkroutine zu konzentrieren führt zu ungenügenden Ergebnissen. Haltungs- und Fütterungsbedingungen sind ebenso zu beachten und in die Beratung mit einzubeziehen. Einfache Kontrollen der Fütterungsfaktoren, wie sensorische Prüfung des Futters (Geruch, Konsistenz) und Lagerung, sowie Krippenpflege und Kotbeschaffenheit lassen relativ gut nicht maschinenbedingte Ursachen erkennen. Mit steigender Milchleistung erlangen diese Faktoren zunehmendes Gewicht für subklinische und klinische Eutergesundheitsstörungen.

Die Erkrankungen müssen behandelt, gleichzeitig aber deren Ursachen erkannt und beseitigt werden. Erst dann kann es mittel- bis langfristig wieder zur Gesundung und zur Normalisierung der Ergebnisse kommen. Darum ist mehr denn je strategisches und konsequentes, komplexes Vorgehen gefordert, um so schnell eine Verbesserung zu erzielen und nachhaltig die Eutergesundheit zu stabilisieren.

Was sind die ersten Schritte?
Grundlage für ein gesundes Tier ist natürlich die gesunde, tiergerechte Haltung und Fütterung. Dazu kommt ein für das Tier optimaler Melkprozess, der sowohl die richtige Funktion der Melkmaschine, als auch die richtige Melkroutine des Melkpersonals beinhaltet. Jeder einzelne Punkt im gesamten Prozess ist zu analysieren und Unzulänglichkeiten kompromisslos abzustellen. Es bringt nichts, bei der Analyse nur Teilbereiche zu erfassen. Der gesamte Komplex – Tier, Technik, Mensch – muss in dieser Analyse eingeschlossen werden. Ein einzelner Punkt in diesem Zusammenspiel mag zwar offensichtliche das berühmte „Fass zum Überlaufen gebracht haben“. Die Ursachen sind aber meistens komplexer Natur. Um eine schnelle und nachhaltige Verbesserung sicherstellen zu können sind alle Risikofaktoren aus den 3 Bereichen:

  • Funktion und Zustand der Melkmaschine
  • Melkarbeit
  • Tier

zu erkennen und zu eliminieren

1. Funktion und Zustand der Melkmaschine.

Nur durch eine Überprüfung der Melkanlage kann eine klare Aussage zur Funktion der Melkanlage getroffen werden. Hierzu sind entsprechend der DIN/ISO 6690 sowohl Luftdurchfluss, Vakuum- wie aber auch Pulsationsmessungen zwingend erforderlich. Minimal müssen folgende Bereiche erfasst werden, gemessen selbstverständlich mit den entsprechend dafür vorgesehenen, regelmäßig auf Messgenauigkeit geprüften Messgeräten:

a. Luftdurchflussmessungen

  • Vakuumversorgung (Reserveluftdurchfluss der Anlage; Kapazitätsmessung am Ende des langen Milchschlauches)
  • Regelverhalten des Vakuumregelventils (Leckage und Reaktionstest)

Die Vakuum- und Luftdurchflussverhältnisse der gesamten Melkanlage, wie aber auch die Versorgung der einzelnen Melkzeuge, ist die Grundlage für eine ordnungsgemäße Funktion einer Melkanlage. Um möglichst ohne Vakuumschwankungen Melken zu können, muss die Kapazität des Luftdurchflusses der Melkanlage immer deutlich über der Luftmenge liegen, die maximal über eine frei ansaugende Melkbecherhülse in die Melkanlage einströmen kann.

Beispiel für einen Melkstand:
Beträgt der Lufteinlass in Verbindung mit einem 300 cm³ Milchsammelstück bei kurzen Milchschläuchen mit 10 mm Durchmesser und einem ca. 1.800 mm langen Milchschlauch mit 16mm Innendurchmesser ca. 700 Liter atmosphärische Luft pro Minute, so sollte der Reserveluftdurchfluss der Melkanlage über diesem Wert liegen. Ist das nicht der Fall, würde zum Beispiel beim Melken durch abfallende Melkbecher oder Luftsaugen beim Ansetzen der Melkbecher an das Euter das Vakuum in der Melkanlage abfallen und somit nicht konstant bleiben.
Die Aufgabe des Regelventils besteht darin, das Betriebsvakuum auf eine eingestellte Vakuumhöhe von z. B. 40 kPa zu halten, in dem es die Differenz aus Pumpenluftleistung und Verbraucherluftleistung an atmosphärischem Luftvolumen in das Vakuumsystem einlässt. Wird durch einzelne Baugruppen oder durch Lufteinbrüche am Melkzeug ungeplant Luft einströmen, muss nun das Regelventil sofort gegensteuern, in dem es sich schließt und weniger atmosphärische Luft in die Anlage einströmt. So wird die eingestellte Vakuumhöhe von 40 kPa gehalten. Übersteigt der durch die Störung nicht geplante Lufteinlass die Leistung des Reserveluftdurchflusses kann das Vakuum nicht mehr gehalten werden (das Vakuumregelventil ist vollständig geschlossen) und als Folge sinkt das Vakuum in der Melkanlage.
Wichtig ist hierbei auch noch, dass das Regelventil dieses Gegensteuern möglichst schnell und mit minimalem Eigenluftbedarf durchführt und es dabei nicht zu deutlichen Über- oder Unterschreitungen des Vakuumwertes kommt (Hysterese). Durch Verschmutzungen und durch Verschleiß kommt es hier im Laufe der Betriebszeit häufig zu teilweise problematischen Abweichungen zu Problemen. Das gilt es unbedingt zu vermeiden! Vakuummanometer sind nicht nur während des Melkens auf die Höhe des Melkvakuums hin zu kontrollieren, sie sind auch auf die Messgenauigkeit in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
Nur mit stabilen, kontrollierten Vakuumverhältnissen kann erfolgreich gemolken werden.

b. Vakuummessungen

  • Betriebsvakuumhöhen in der Melkanlage unter Melkbedingungen. (Im Bereich der Melkleitung (Vm) und der Pulsation)

Eine einfache Kontrolle der Vakuumverhältnisse zwischen der Melkleitung und dem Pulsationsvakuum (b-Phase) in den Melkzeugen zeigt an, ob mit nahezu identischen Vakuumwerten gearbeitet wird. Das ist in dahingehend wichtig, weil sich der Zitzengummi nur bei nahezu gleichen Druckverhältnissen zwischen Melkbecherinnen- und –zwischenraum vollständig öffnet. Gemessen wird dies, in dem das Vakuum während der Pulsationsphase b an jedem Melkzeug aufgezeichnet wird. Dazu wird das Vakuum am Messpunkt Vm einer Melkanlage (am Milchabscheider oder am Anschluss für das 1. Melkzeug an der Melkleitung) bei betriebsmäßig angeschlossener Melkanlage ermittelt. Ist der Unterschied größer als 2 kPa, wird nach momentan gültigen Normenvorgaben die Melkanlage beanstandet. Weiche Zitzengummis bewegen sich bei dieser geringen Differenz schon in Richtung des höheren Vakuums im Melkbecherinnenraum und würden sich dann entweder nicht mehr zu 100% öffnen, oder das sogenannte Balloning, ein Überdehnen des Schaftes, tritt mit der Folge des Überdehnen des Zitzengewebes ein.
Hier sollte auch schon eine Bewertung der Betriebsvakuumhöhe zum Melken erfolgen.

Entspricht die Vakuumhöhe den herstellerspezifischen Vorgaben?
Zu hohes Vakuum belastet das Euter und speziell die Zitzen der Kuh! Nur soviel Vakuum wie nötig soll an das Zitzengewebe und nicht soviel wie möglich! Aber Vorsicht: Für den Berater gilt vor einer Korrektur der Vakuumhöhe, nicht eigenmächtig ändern! Vielleicht gibt es Gründe für das hier vorgefundene, eingestellte Niveau.
Daher immer erst nach Rücksprache mit dem Landwirt oder dem Service das Vakuum ändern! Wenn die jetzige Einstellung mehr als 2 kPa von den Werksangaben entfernt ist, langsam in 1 bis 2 kPa Schritten pro Woche reduzieren, damit die Umstellung nicht zu einer negativen Tierreaktion führt. So wird der Zitzenspitze Zeit gegeben, überflüssige Hornhautschichten abzustoßen und sich damit nach einigen Tagen leichter öffnen zu können. Sind die Zitzengummis mit ihrer Parametern, besonders die Einfaltdruckdifferenz (ED), und spezielle Funktionsbaugruppen der Melkmaschine, dafür geeignet kann die Vakuumreduzierung solange erfolgen bis Luftschlürfen oder Haftprobleme auftreten oder die Melkzeit nach der letzten Umstellung deutlich länger wird, dann um das eine kPa wieder anheben. Einstellungen von bis zu 37 kPa sind dabei möglich

c. Pulsationsmessungen

  • Pulsatorfunktion aller Pulsatoren und Überprüfung mit den Werksvorgaben

Die Pulsationsmessung mit elektronischer Auswertung ist die Basis für die Bewertung einer effektiven Pulsation. Hier sollten die einzelnen Phasen der Werksvorgabe entsprechen. Generell sind immer alle Pulsatoren einer Anlage zu prüfen. Sind Stimulationsphasen aktiviert so sind auch diese zu überprüfen. Bei hohen Betriebszeiten stellen sich schneller Verschleißerscheinungen ein, die frühzeitig erkannt und abgestellt werden müssen. Die Pulsatoren weisen bei Überprüfungen die häufigsten Mängel an Melkanlagen, mit den für die Kühe gravierendsten Auswirkungen, auf. Deshalb genügt bei Melkständen mit hoher täglichen Einsatzzeit (> als 3 Stunden pro Melkzeit) eine jährliche Kontrolle der Pulsatoren nicht.

d. optische Kontrolle der Gummiteile des Melkzeugs

  • Zustand von Gummiteilen, die mit dem Euter der Kuh in Berührung kommen

Gerade Zitzengummis sind, dadurch dass es im direkten Kontakt mit dem Tier steht, besonders wichtig beim Melken. Er muss die vom Pulsator erzeugten Druckwechsel in Massagebewegungen umsetzen, um das Zitzengewebe nicht zu überlasten. Allein bei normaler Melkpulsation öffnet und schließt er 60 mal pro Minute vollständig, in der Stimulationsphase sogar 3 … 5 mal mehr. Er unterliegt besonders im Schaft und an der Lippe einen sehr hohen Verschleiß. Deshalb muss er zeitgerecht, und zwar in erster Linie aus melkhygienischen Gründen, entsprechend der Vorgaben gewechselt werden!
Besonderes Augenmerk sollte auch den Zitzengummi-Köpfen gewidmet werden! Häufig ist die Lippe von außen mit einem leicht schmierigen Belag versehen. Dieser Belag findet sich auf der nicht gereinigten Oberfläche der Melkzeugaufnahme wieder. Genau an der Stelle, an der sich der Zitzengummi während der Reinigung befindet. Dieser Bereich wird bei fast allen Konstruktionen nicht gespült und sofern keine manuelle Reinigung erfolgt, sammelt sich hier für Bakterien ein hervorragender Nährboden. Es ist ein hoch infektiöser Schmutzfilm. So werden Keime in der nächsten Melkzeit direkt an das Euter einer Kuh getragen, da die Zitzengummilippen im direkten Kontakt zum Euter stehen. Der Weg in das Euter nah und bei allgemein weniger hygienischer Melkarbeit ist frei.

Eine glatte, leicht zu reinigende innere Schaftoberfläche ist wichtig! Mit zunehmender Einsatzzeit wird der Zitzengummi durch mechanische und chemische Einflüsse (Einfaltbewegung, Dehnung, Abrieb, sauere und alkalische Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Milchinhaltsstoffe) innen rau und rissig. In den mikrofeinen Rissen, die als Spülschatten bei der Spülung wirken, ist keine Reinigungswirkung vorhanden. Sie beeinflussen nicht nur die Milchqualität negativ, sie sorgen auch für ein erhöhtes Infektionsrisiko!
Aber auch sämtliche milchführenden Schläuche unterliegen, zwar durch die geringere mechanische Belastung nicht so stark wie Zitzengummis, einem Oberflächenverschleiß und müssen aus milchhygienischen Gründen ebenso regelmäßig gewechselt werden. Schläuche sollten nicht abknicken, ständig einen freien Durchgang gewähren und keine Löcher aufweisen. Schläuche müssen elastisch sein um Kuh- und Melkzeugbewegungen auszugleichen.

e. Reinigung der Melkanlage

  • Reinigungszustand und Reinigungsdaten der Melkanlage (besonders Temperatur und Dosierung von RD-Mitteln)

Auch wenn viele es nicht glauben wollen: Die Obergrenze für den Keimgehalt der abzuliefernden Milch liegt bei 100 000. Doch ein schwankender Keimgehalt zwischen 10.000 und 50.000 pro ml Milch signalisiert bereits ein Problem.

Wenn die Reinigung der Melkanlage nicht stimmt, kommt es recht schnell zu einer Anlagerung von organischem Material mit der Folge von Keimanreicherungen an den Oberflächen milchführender Teile vom Melkzeug bis zum Tank. Besonders problematisch sind kontagiöse Rückstände im Melkzeug. Von dieser Stelle können sie direkt auf die Zitzen gelangen und den Strichkanal eindringen. Dort erst einmal angekommen können sie Mastitiden auslösen. Daher unbedingt bei schwankenden Keimzahlen der Ablieferungsmilch in erster Linie das gesamte Reinigungsverfahren überprüfen!
Die Spülmittelmenge, die Art und Konzentration des Reinigungsmittels und die erforderliche Spülmitteltemperatur müssen zu allen Jahreszeiten stimmen. Kaltreinigungsverfahren, für Temperaturen unter 40° Celsius, haben sich bislang nicht bewährt.
In jedem Fall ist die Wasserqualität (Wasserhärte, Eisengehalt) in die Bewertung der Konzentration mit einzubeziehen. Hartes Wasser, leicht zu erkennen an den weißen Belägen, verlangt eine angepasste, höhere Konzentration, weil einerseits der Kalkanteil die Reinigungs- und Desinfektionswirkung herabsetzt, andererseits ist der Wechsel von alkalischer und sauerer Reinigung zu erhöhen (Wechselreinigung). Der Desinfektionsgrad einer saueren Reinigung ist allerdings niedriger. Weiches Wasser erlaubt die Häufigkeit der saueren Reinigung zu verringern. Grundsätzlich sollten nur geprüfte und zugelassene R&D-Mittel angewendet werden.
Wichtig ist, die vorgefundenen Zustände zu Beginn einer Inspektion zu protokollieren! Die Werte aus allen aufgeführten Bereichen müssen nachweisbar sein, damit dem Betreiber nach der kompletten Überprüfung der vorgefundene Zustand und nach dem Abstellen der Mängel der dann erreichte Anlagenzustand dokumentiert werden kann!
Nachdem nun sichergestellt ist, dass die Technik in Ordnung ist, kann das Melken observiert werden.

2. Das Melken

Nicht selten treten erst beim Beobachten des Melkens eklatante Melk- und Bedienungsfehler auf. Dem Betreiber oder Bediener der Anlage ist die Bedeutung dieser Fehler meist gar nicht bewusst, weil sich eine falsche Routine gefestigt hat – es wurde schon immer so gemolken. Deshalb sollte sich nicht auf die mündlichen Aussagen über den Melkablauf verlassen werden. Nur wenn ich etwas selbst gesehen habe, kann ich mir ein exaktes Bild über die Melksituation des Betriebes machen. Erst dann lassen sich die Ursachen für manche vorhandenen Melkprobleme erst finden!

Analyse des aktuellen Melkens

a. Allgemeine Melkbeobachtungen
Basis für ein gutes, erfolgreiches Melken ist immer eine richtig durchgeführte Melkroutine. Dazu gehören neben der notwendigen Vorbereitung der Kuh auf das Melken auch der richtige, ruhige und stressfreie Umgang mit den Tieren. Das Verhalten der Tiere beim Melken, wie

  • verängstigtes Betreten des Melkbereiches,
  • unruhiges Stehen, Schlagen nach dem Melkzeug,
  • Abkoten im Melkstand

zeigt an, das hier etwas im Argen liegt.
Ein Verkrampfen deutet immer auf Unwohlsein hin und hat Ursachen.
Die Ursachen müssen gefunden und abgestellt werden. Das kann durch grobe Behandlung der Tiere durch das Melkpersonal, tierungünstig eingestellte Melkanlagenparameter, zu enges Standflächenmaße, rutschige Bodenbeläge, zu hohe Besatzdichte im Vorwartehof liegen oder durch Kriechstrom aufgrund fehlenden oder verrotteten Potentialausgleich der Melkanlage hervorgerufen werden. Ein „Zusammenquetschen“ der Tiere, speziell am letzten Standplatz führt nicht dazu, dass die Kühe zukünftig freiwillig in den Melkstand kommen wollen. Die Melkwilligkeit wird behindert.
Daher sollte besonders bei älteren Melkständen und bei modernen Kreuzungsrassen darauf geachtet werden, dass der Brustrohrbereich und ggf. die Breite des Melkstandes auf die Tiere neu angepasst werden muss!
Kühe sollten gerne und von sich aus den Melkbereich betreten, entspannt und wiederkäuend während des Melkens stehen und in normalem Schritttempo den Melkstand verlassen.

b. Gibt es Haftprobleme, wenn ja wann und wie viel?
Zu unterscheiden ist bei der Beurteilung von Haftproblemen ob es sich um Abfallen oder Abschlagen der Melkzeuge handelt. Abschlagen weist meistens Schmerzreaktionen der Tiere hin, mit überwiegend maschinenbedingten Ursachen. Haftungsprobleme sind dagegen überwiegend Anpassungs- und Routineprobleme.
Haftprobleme, selbst das einfache Luftschlürfen eines am Euter befindlichen Melkzeugs, stören den Melkablauf erheblich und müssen auf ein Minimum reduziert werden. Das Melkzeug stellt für einen Teil der Herde immer ein Kompromiss dar, da die Euter- und besonders die Zitzenmaße oft stark variieren, jedoch nur eine Melkzeuggröße zur Verfügung steht mit der alle Kühe gemolken werden müssen. Deshalb ist es wichtig sich die Herde, speziell die Zitzen, anzusehen, gegebenenfalls zu vermessen und mit den vorhandenen Melkzeugen zu vergleichen und erst dann begründete Änderungen vorzunehmen.
Haftprobleme in den ersten beiden Melkminuten weisen auf mangelnden Anrüsteffekt der Kühe (Bimodalitäten) und nicht richtiger Positionierung der Melkzeuge unter dem Euter der Kuh hin. Ungleiche Masseverteilung und Verdrehen der Melkzeuge sind die häufigsten Mängel. Oft bringen schlecht ausgerichtete Melkzeuge gegebenenfalls gegen Melkende ebensolche Probleme mit sich. Häufig ist der richtige Sitz des Melkzeuges bei frischlaktierenden Kühen mit ödemischen Eutern nicht möglich. Ein spezielles Melkzeug mit verlängerten kurzen Milchschläuchen passt sich besser an die abweichende Eutergeometrie an und ermöglicht so ein besseres Melken. Für die richtige Wahl der Zitzengummis, nach Form und Nennweite, ist es jedoch ratsam die Herde auf Zitzendurchmesser und –länge zu vermessen.

Ein international gültiger Bewertungsschlüssel hilft die oft subjektive Einschätzung von Haftproblemen zu qualifizieren.

Auf 100 Melkungen werden

  • weniger als 5 Haftprobleme/Luftschlürfen als gut
  • und mehr als 10 Haftprobleme/Luftschlürfen als schlecht beurteilt.

c. Gibt es Ausmelkprobleme?
Wann fangen Ausmelkprobleme an und was muss getan werden um sie zu abzustellen? Es muss nicht immer in erster Linie die Einstellung der Technik sein, um hier eine Verbesserung zu erreichen. Grundsätzlich sollte bei dieser Frage zuerst das Melken beobachtet werden, ob die Vorbereitung der Kuh auf das Melken stimmt. Ohne ausreichende Stimulation, dazu gehört die Vormelkprobe, das Euterreinigen und die manuelle oder technische Reizung der Rezeptoren, ist auch das Melkverhalten gegen Melkende nicht optimal. Negativ wirkt sich auch das Ansetzen der Melkbecher an nasse Zitzen aus. Durch die geringere Reibung zwischen Zitzen- und Zitzengummischaftwand rutschen die Melkbecher früh an den Zitzen hoch und schnüren schon zu Beginn des Melkens, besonders bei schlecht angerüsteten Kühen, den Bereich des „Fürstenbergschen Venenringes“ ein. Die Verbindung zwischen Euter- und Zitzenzisterne wird beim Melken eingeengt und gegen Melkende verfrüht verschlossen. Verdrehte, nicht ausgerichtete Melkzeuge führen zu gleichen Erscheinungen. Hier ist der Fehler nicht in der Einstellung der Abnahmeautomatik zu suchen, die Melkroutine ist zu ändern.
Weiterhin ist häufig der Fehler in der auf die Herde nicht abgestimmte Zitzengummigröße und –form zu suchen.
Also, beim Melken genau hinschauen!
Die Beobachtung des Milchflusses gegen Melkende, beim Einsetzen des Nachmelkens und besonders zum Abnahmezeitpunkt, wird zwar subjektiv häufig falsch eingeschätzt, ist aber unumgänglich. Der Beginn des technischen Nachmelkens sollte so früh wie möglich einsetzen (bei 800 … >1000 ml/min), um die individuell mitunter langen Ausmelkphasen einzelner Viertel zu verkürzen und schädliche Blindmelkzeiten zu reduzieren.
Ohne vorhandenen Nachmelk- und/oder Abnahmevorrichtungen ist oft der optimale Zeitpunkt des Nachmelkbeginns überschritten. Deshalb sollte frühzeitig mit einem Zisternengriff der Füllungsgrad ermittelt und mit einer gefühlvollen Belastung des Melkzeuges und einem differenzierten Ausstreichen der Viertel begonnen werden. Dieser Vorgang ist euterschonend und kurz auszuführen. Abnahmeautomaten reagieren nicht auf den Ausmelkgrad, sondern nur indirekt über den Milchfluss. Das birgt die Gefahr in sich, dass einzelne, schwermelkende Viertel nicht ausgemolken werden. Verlassen diese Kühe dann unkontrolliert (Kontroll- oder Zisternengriff) den Melkstand sind Milchertragseinbußen und Eutergesundheitsprobleme die Folge. Der Abnahmeschaltpunkt sollte 200 ml/min nicht wesentlich überschreiten.

Anders bei Nachmelk- und Abnahmeautomaten. Hier wird durch das Nachmelken der Ausmelkgrad wesentlich verbessert. In dem Fall kann, abhängig von der Melkhäufigkeit der Abnahmemilchfluss auf 250 … 300 ml/min erhöht werden. Auch bei diesem Verfahren ist der Kontrollgriff vor Verlassen des Melkstandes in jedem Fall ratsam.
Die exakte Arbeit und der technische Zustand, besonders der Milchflusssensoren, jedes einzelnen Melkplatzes sind zu kontrollieren. Sie sollte in engen, regelmäßigen Abständen vom LKV geprüft oder von der Fachwerkstatt gewartet werden. Sparen an dieser Stelle führt zu Verlusten bei der Milchproduktion!
Die Einstellung der Schaltpunkte auf die unproblematischen Tiere einer Herde auszurichten. Problemtiere sind zu kennzeichnen und individuell zu händeln.
Ab wann ist es ein Ausmelkproblem?
Bei 2-mal täglichem Melken gilt folgender internationaler Richtwert:
Die durch Handmelken ermittelte Milchmenge sollte 250ml pro Kuh nicht überschreiten. Dazu sind bei bis 100 Kühe mind. 20 Kühe oder 80 Euterviertel zu prüfen. Nicht mehr als 20% der Euterviertel sollen eine Restmilchmenge von mehr als 100 ml aufweisen.
Bei 3-mal täglichem Melken sollen 500 ml pro Kuh nicht überschritten werden und 200 ml / Viertel sind nicht zu überschreiten.

d. Wie sehen die Zitzen nach dem Melken aus?
Um Fehler an der Melktechnik festzustellen sollten die Zitzen nach Abnahme der Melkzeuge begutachtet werden

  • zeigen mehr als 20% der Kühe Verfärbungen an einer oder mehreren Zitzen nach dem Melken,
  • sind bei mehr als 20% der Kühe nach dem Melken an einer oder mehreren Zitzen Verhärtungen oder platte Zitzenkuppen fühlbar,
  • haben mehr als 20% der Kühe am Übergang zum Euter an einer oder mehreren Zitzen eine fühlbare Ringbildung und
  • zeigen mehr als 20% der Kühe an einer oder mehreren Zitzen Hyperkeratosen mit den Noten 3 und 4,

dann ist die Fehlersuche zwingend erforderlich um Eutergesundheitsschäden zu vermeiden. Verfärbungen treten auf, wenn Zitzengummidimensionen nicht optimal zur Zitze passen, Pulsations- und Vakuumverhältnisse Abweichungen aufweisen und verstärkt Blindmelken, auch an einzelnen Zitzen, eintritt.
Verhärtungen deuten auf zu hartes Zitzengummimaterial (ED >15 kPa) und weite Zitzengummischäfte, sowie fehlerhafte Vakuum und Pulsationsparameter und zu niedrige Abschaltschwellenwerte hin.
Ringbildungen deuten zudem noch auf falsche Routine bei der Stimulation und dem Ansetzen. Hyperkeratosen sind Gewebereaktionen, besonders des Strichkanalepithels, auf hohe mechanische Belastungen und chemische Reizungen. Hier ist zusätzlich das Dippmittel auf seine richtige Anwendung und der Einsatzkonzentration zu prüfen.
Zwei zusammenfassende Tabellen über „Vorrangig melkbedingte Zitzenschäden“ und „Einflüsse der Fütterung auf die Eutergesundheit“ sind dazu im Anhang beigefügt.

3. Das Tier

a. Wann gilt die Eutergesundheit einer Kuh als gefährdet?
Ein Kuheuter kann als gesund bezeichnet werden, wenn keine klinischen Normabweichungen vorliegen, wenn die Zellzahl im Viertelgemelk jeweils unter 100 000 Zellen /ml (Altmelker bis 200 000) liegt und wenn im aseptisch gewonnen Sekret keine Mastitiserreger nachweisbar sind. Eutergesundheitsstörungen werden entsprechend ihres Status nach folgender Tabelle unterteilt.

Bei Entzündungen im Euter werden vor allem Abwehrzellen (Leukozyten) vermehrt nachgewiesen und in vielen Fällen sowohl subklinischer, mehr noch bei klinischer Mastitis, sind Erreger primär oder sekundär krankheitsauslösend. Klinische Mastitiden können als akute oder chronische Entzündungen auftreten. Sie sind aber mit einer starken Erhöhung von Leukozyten verbunden (Eiter, Flocken) und weisen stets, aber sehr unterschiedlich ausgeprägte Verluste an milchbildenden Gewebe und damit Milchertragsverluste auf.

Ist der Zellgehalt erst einmal gestiegen, sind die Euter der Kühe bereits erkrankt. Jetzt gilt es 2 Bereiche gleichzeitig ausreichend abzudecken und im Auge zu behalten:

  • Erkrankte Kühe müssen herausgefunden und sachgerecht behandelt werden und
  • die Neuinfektionsgefahr muss gebannt werden. Beides hat direkt etwas miteinander zu tun!

Die Vormelkprobe, sie ist gesetzlich vorgeschrieben, bietet dem Melker die Möglichkeit grobsinnlich erkennbare Milchveränderungen (flockig, sämig, wässrig, blutig, geruchsabweichend) bei jedem Melken wahrzunehmen, die in jedem Fall auf eine klinische Mastitis hinweisen. Mittels Schnelltest (Schalmtest, CMT) oder im Labor kann der Zellgehalt ermittelt werden. Leitfähigkeitsmessungen der Viertelgemelke geben ebenfalls zeitig Hinweise auf Eutererkrankungen, widerspiegeln aber nur indirekt und ungenau den Zellgehaltsstatus. Der Erregernachweis bleibt dem Labor vorbehalten. Nur die kombinierten Viertel- und Sekretuntersuchungen bieten die ausreichende Basis für eine Diagnose über den Gesundheitszustand und einer verbundene Antibiotikabehandlung, die möglichst mit einem Resistogramm untersetzt ist. Unkontrollierter Antibiotikaeinsatz ist oft unwirksam und kann sogar schädlich sein.
Äußerste Sauberkeit ist bei der Milchprobenentnahme die Voraussetzung für die richtige Diagnose. Für eine Aussage über das Erregerspektrum einzelner Tiere oder der gesamten Herde muss eine Milchprobe in speziell dafür von bakteriologischen Untersuchungseinrichtungen zur Verfügung gestellten sterilen Milchproberöhrchen gezogen werden. Um die Proben möglichst keimfrei ziehen zu können sind die Zitzen, besonders die Zitzenkuppen und die Hände der Probezieher vorher gründlich zu säubern und mit entsprechenden Desinfektionsmitteln zu reinigen. Damit keine Schmutzpartikelchen mit in die Probe gelangen, ist das Röhrchen nicht senkrecht unter das Euter, sondern abgewinkelt unter das Euter zu halten. Es darf zu keiner Zitzenberührung kommen. Der Milchstrahl muss frei in das Röhrchen gelangen.
Gleichzeitig mit der Erhöhung des Zellgehaltes ändern sich auch die Milchinhaltsstoffe, wie die folgende Tabelle es zeigt.

Nicht nur der Wert des Lebensmittels Milch, sonder die Verarbeitbarkeit der Rohmilch verschlechtert sich ebenfalls

b. Warum müssen kranke Tiere erkannt, selektiert und behandelt werden?
Kühe mit einem zu hohen Zellgehalt sind deutlich sichtbar zu kennzeichnen! Sie bedeuten generell ein erhöhtes Ansteckungspotential für noch gesunde Tiere, weil Eutererkrankungen zumeist mit einer bakteriellen Infektion verbunden sind. Krankheitserreger finden sich in der Milch einer erkrankten Kuh in hoher Konzentration wieder. Wird eine solche Kuh gemolken, befinden sich anschließend die Erreger auf den benetzten Oberflächen des benutzten Melkzeugs. Wird das Melkzeug nach dem Melken einer kranken Kuh nicht zwischendesinfiziert (z. B. Tauchen, Backflush, o.ä.) und die Hände nicht desinfiziert, können Krankheitserreger schnell von Kuh zu Kuh übertragen werden. Über diese Wege wird unbewusst ein Großteil von Neuinfektionen ausgelöst. Die Melkroutine ist so umzustellen, dass erkrankte Tiere in jedem Fall zum Schluss gemolken werden.
In Laufställen ist es ratsam euterkranke Kühe abgetrennt von den anderen Kühen aufzustallen. Die Übertragungsmöglichkeiten sind damit verringert

c. Wie sollte vorgegangen werden, um eine Herde mit Erfolg zu sanieren?
Nach Bekannt werden des Ergebnisses ist der Maßnahmeplan zu erstellen. Für eine erfolgreiche andauernde Bestandssanierung bedarf es

  • einer aussagefähigen Einzeltierdiagnostik
  • einer differenzierten Beurteilung und wirksamer Maßnahmen im Umfeld der Tiere hinsichtlich Ausschaltung aller Störgrößen für die Eutergesundheit
  • einer Einschätzung der Behandlungswürdigkeit, bzw. Selektion erkrankter Tiere
  • einer systematischen medikamentösen Behandlung und Nachkontrolle der erkrankten Tiere
  • einer ökonomischen Betrachtung von Schadensgröße, Aufwand und Ergebnis der Maßnahme
  • der bewussten Mitarbeit aller an den Sanierungsmaßnahmen beteiligten Personen.

Dieser Maßnahmeplan ist in Zusammenarbeit zwischen Tierbesitzer und betreuendem Tierarzt zu erarbeiten. Er ist mit Maßgaben für Verantwortung, Zeitablauf und Kontrollen zu versehen, sowie für eine längere Zeit anzusetzen und auch durchzustehen.
Hilfen bei diesen Maßnahmen zur Sanierung sollten sich aus der Kontrolle durch den Amtstierarzt (besonders bei gesperrter Milchlieferung), durch Berater des LKV, aus Informationen des Diagnostiklabors, vom (möglichst neutralen) Fütterungsberater und dem Melkmaschinen- Servicevertreter ergeben.
Bei breitflächigen bakteriellen Euterinfektionen spielen infektionsmindernde Hygienemaßnahmen eine besondere Rolle.

Dazu gehören:

  • Die Absonderung und Ursachenklärung von Kühen, die ein makroskopisch verändertes Vorgemelk (Flocken) haben und die unschädliche Beseitigung der Vorgemelke, sie gehören in den Gully, aller Kühe.
  • Euterkranke Tiere sind grundsätzlich zuletzt zu melken und separat zu halten.
  • Die Sauberkeit im Umfeld der Kühe, wie Liegeflächen, Trift- und Fressgänge, Melkstand, Euter
  • Die Euternachkontrolle und das Dippen der Zitzen nach Melkzeugabnahme
  • Die Zwischendesinfektion der Melkzeuge und der Melkerhände (auch bei Verwendung von Gummihandschuhen)
  • Die wirksame Reinigung und Desinfektion der Melkanlage
  • Die systematische Reinigung und Desinfektion der Liegeflächen, Abkalbebereiche und Krankenboxen
  • Die Eutergesundheitsabsicherung aller Zukauftiere

Der Behandlungserfolg ist regelmäßig zu kontrolliert.
Viele Praktiker wissen, es dauert lange und ist ein schleichender Prozess bis der Zellgehalt der Tankmilch auf Werte von über 250.000 pro ml/Milch steigt. Dann kann er rasant weiter ansteigen. Den Gesundheitsstatus wieder zu verbessern, erfordert konsequentes, bewusstes Handeln über lange Zeiträume!
Deshalb muss bereits bei geringen Zellzahlproblemen früh und fachgerecht reagiert werden!

Abgleichen mit neueren Veröffentlichungen z.B. Krömker, Wolter

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