Bei Gülle-Separat-Einstreu muss mit mehr Klebsiellen-Mastitiden gerechnet werden

Dr. Martin Spohr – Eutergesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg
Schaflandstr. 3/3
70736 Fellbach
E-Mail: egdstuttgart@tsk-bw-tgd.de

Die DüngeVO mit ihrer Forderung nach bodennaher Ausbringung der Gülle hat in vielen Milchviehbetrieben die Anschaffung einer Gülle-Separieranlage erforderlich gemacht. Als positiver Nebeneffekt wird die Nutzung des Separats als Einstreu in Tiefboxen genannt. Im Vergleich zur Stroheinstreu ist die, auch als Gülle-Feststoff bezeichnete, Einstreu preisgünstiger, auf dem Betrieb ständig verfügbar und die Boxenpflege ist leichter zu mechanisieren. Es gibt aber auch Hinweise, dass die Verwendung von Gülle-Separat die Eutergesundheit der darauf gehaltenen Milchkühe beeinträchtigen kann. Eine Studie aus Baden-Württemberg sollte diese Fragestellung beleuchten.

Gram-negative Bakterien sind häufige Mastitiserreger in modernen Milchviehherden. Sie setzen sich aus einer Vielzahl verschiedener Gattungen zusammen, die häufigsten Vertreter in Baden-Württemberg sind aktuell Escherichia (47%), Serratia (17%) und Klebsiella (14%). Euter-Infektionen verursacht durch Escherichia coli verursachen oft eine plötzlich auftretende schwere Mastitis mit Störungen des Allgemeinbefindens. Die Erkrankungsdauer ist meistens nur kurz. Serratien werden häufiger als Verursacher sichtbarer Mastitiden isoliert, wobei neben verschiedenen Reservoiren im Umfeld der Kühe, Dippmittel als Quelle für Infektionen nachgewiesen werden konnten. Im Vergleich zu Escherichia und Serratia führen Mastitiden, verursacht durch Klebsiella pneumoniae und Klebsiella oxytoca zu deutlich höheren Verlusten. Japanische Forschende berichten von geringeren Heilungsraten und deutlich höheren Abgangsraten der erkrankten Kühe. Während nach eine E. coli-Mastitis 50% der Patienten noch bis zu 464 Tagen im Betrieb verblieben, war die Hälfte der Kühe mit Klebsiellen-Mastitiden bereits nach 76 Tagen nicht mehr in der Herde.

Kühe liegen ca. 40 – 60% des Tages. Je höher der Keimgehalt auf der Liegefläche, umso wahrscheinlicher ist auch die Übertragung möglicher Mastitiserreger auf die Zitze. Durch Tupferproben konnte nachgewiesen werden, dass bei Haltung der Kühe auf Hochboxen mit Gülleseparat-Einstreu die Zahl der Streptokokken auf den Zitzenkuppen am höchsten war. Die höchsten Zahlen gram-negativer Keime, coliformer Keime und Klebsiellen wurden dagegen bei Haltung in Tiefboxen mit Gülleseparat oder gewaschenem Sand festgestellt. Es gibt eine direkte Beziehung zwischen der Zahl gram-negativer Bakterien und Klebsiellen in der Einstreu und der klinischen Mastitishäufigkeit der darauf gehaltenen Milchkühe.

Die Nutzung von Gülleseparat als Einstreu für Milchkühe wird seit Jahrzehnten in den USA praktiziert und wird in letzter Zeit auch in Deutschland vermehrt eingesetzt. Parallel dazu gibt es zunehmend Hinweise, dass dieses Einstreusystem mit dem vermehrten Auftreten von Klebsillen-Mastitiden verbunden ist. Umgebungsuntersuchungen konnten zeigen, dass Klebsiellen in Pansensaft und Kot der Milchkühe dauerhaft nachweisbar sind und durch den Kot eine kontinuierliche Kontamination der Liegeflächen, der Treibwege, der Gliedmaßen und der Euter erfolgt. In denen mit Kot kontaminierten Bereichen war K. pneumoniae dominierend, während in Boden- und Pflanzenproben K. oxytoca, K. variicola und Raoultella planticola vorherrschten. Eine neuere kanadische Studie konnte zeigen, dass in Betrieben mit Gülleseparat-Einstreu die Mastitis-Häufigkeit verursacht durch Klebsiella pneumoniae signifikant größer war als in Betrieben mit Stroheinstreu. Allerdings handelte es sich bei den Betrieben mit Stroheinstreu fast ausnahmslos um Anbindehaltungen, während die Betriebe mit Separateinstreu überwiegend Laufstallbetriebe waren. In einer aktuellen Studie aus Baden-Württemberg wurde untersucht, ob durch die Verwendung von Gülleseparat als Einstreumaterial in Milchviehbetrieben eine Veränderung des Mastitiserreger-Spektrums nachweisbar ist.

Als Grundlage für die Auswahl der zu untersuchenden Betriebe wurden die Ergebnisse der Mastitis-Untersuchungen des STUA Aulendorf und des CVUA Karlsruhe aus dem Zeitraum Juli 2022 bis Oktober 2023 verwendet. Betriebe, die aus dieser Zeit 10 oder mehr gram-negative Erregerisolierungen hatten (10 – 75 Isolate pro Betrieb), wurden zu den Haltungsbedingungen ihrer laktierenden Milchkühe befragt (Einstreuart, Einstreuintervall, Zusätze). Insgesamt gelangten 75 Betriebe mit Tiefboxen zur Auswertung. In 41 Betrieben wurde eine Stroh-Mist-Matratze genutzt, 18 Betriebe verwendeten als Einstreu eine Stroh-Kalk-Mischung und 16 Betriebe streuten mit Gülle-Separat ein. Als Parameter wurde der relative Anteil der Klebsiellen-Isolate an der Gesamtzahl gram-negativer Isolate und das Verhältnis von Klebsiellen- zu Strep.-uberis-Isolaten der Betriebe verwendet. Die Auswertungen basieren auf dem Nachweis von 723 E. coli-, 244 Klebsiellen-, 295 Serratia-, 302 sonstigen gram-negativen und 1564 Strep. uberis-Nachweisen.

Escherichia coli war der häufigste Vertreter gram-negativer Mastitiserreger in Betrieben mit Stroh-Mist-Matratze (52 %) und Stroh-Kalk-Einstreu (53 %). In Betrieben mit Gülleseparat-Einstreu dominierten Klebsiellen mit 42 % die gram-negative Erregerflora (Tab. 1). Auch das Verhältnis von Klebsiella- zu Strep.-uberis-Isolaten war in Betrieben mit Gülleseparat-Einstreu deutlich größer als bei Stroh-Mist-Matratzen oder Stroh-Kalk-Einstreu (1,37 / 0,07 / 0,18). Der durchschnittliche Anteil der Serratien in den Einstreugruppen war mit 14 – 23 % zwar gering, in 7 von 18 Betrieben mit Stroh-Kalk-Mischung waren sie jedoch die dominierenden gram-negativen Mastitiserreger (>50% aller gram-negativen Isolate).

Einstreuartn BetriebeE. coliKlebsiellaSerratiaSonstige
Stroh-Mist415242321
Stroh-Kalk1853151420
Gülleseparat1631421512
Tab. 1: Verteilung gram-negativer Mastitiserreger bei unterschiedlichen Einstreumaterialien (in % der Gesamtzahl gram-negativer Mastitiserreger)

Die Verteilung der Klebsiellen-Häufigkeiten bei den einzelnen Einstreuarten zeigte statistisch signifikante Unterschiede (Abb. 1).

Abb. 1: Verteilung der Klebsiellen-Häufigkeiten nach Einstreuart (RMS = Gülleseparat, StrKa = Stroh-Kalk-Mischung, StrMi = Stroh-Mist-Matratze)

Auffällig ist die relativ große Streuung der Klebsiellen-Häufigkeit innerhalb der beiden Gruppen Stroh-Kalk-Mischung und Gülleseparat. Bei letzterer zeigte die Art der Zusätze (Kalk oder Stroh), dass bei Zugabe von Stroh oder Dinkelspelzen tendenziell geringere Klebsiellen-Häufigkeiten festzustellen waren.

Die aus anderen Studien festgestellte häufigere Übertragung von Klebsiellen aus der Gülleseparat-Einstreu auf die Zitzenkuppen der Milchkühe und die in der kanadischen Studie nachgewiesene höhere Klebsiellen-Mastitishäufigkeit in Betrieben mit Gülleseparat-Einstreu werden durch die aktuellen Untersuchungen bekräftigt. Die Beziehung zwischen der Einstreuart und dem Erregerspektrum der aufgetretenen Mastitisfälle ist deutlich. Während der Befragung der Betriebsleiter wurden immer wieder Fälle berichtet, in denen der Wechsel auf Gülleseparat-Einstreu mit einer deutlichen Verschlechterung der Eutergesundheit verbunden war. Andererseits gibt es zahlreiche Betriebe, die mit der gleichen Einstreuart, auch über längere Zeiträume, gute Ergebnisse erzielt haben. Ziel weiterer Untersuchungen wird es deshalb sein, Faktoren zu identifizieren, die die Häufigkeit von Klebsiellenmastitiden bei auf Gülleseparat gehaltenen Kühen beeinflussen.

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