FG Hygiene (Dezember 2020) Verantwortliche Bearbeiterin: Ingrid Model
Warum sind Durchfallerkrankungen im Kälberstall noch immer, trotz verbessertem Tränkeregime und guten Haltungsbedingungen, die Ursache für hohe Verluste?
Die moderne Tränketechnik ermöglicht es, die Anzahl der Tiere in der Gruppe zu vergrößern. Dadurch wird Zeit und Raum gespart. In vielen Praxisbetrieben wird die nun freigewordene Zeit nicht genutzt, um die erforderlichen Hygienemaßnahmen für größere Tiergruppen – das geforderte Rein-Raus-System – ordnungsgemäß durchzuführen.
Dadurch haben Stallparasiten, die für ihre Entwicklung Zeit und feuchte warme Tiefstreu brauchen, die Möglichkeit sich zu entwickeln und zu vermehren. Werden nun neue Kälber in eine Gruppe zugestellt, infizieren sich diese. Begünstigt wird das durch den mit der Umstellung verbundenen Stress.
Weiter ist zu beobachten, dass im Praxisbetrieb die Bedeutung der sachgemäßen und damit wirksamen Ausführung der Reinigung und Desinfektion sowie die Anwendung des richtigen Mittels oft wenig Beachtung findet. Wird nun im Praxisbetrieb die Ausführung der Arbeitsschritte aus Zeitmangel vernachlässigt, bleibt oft der Erfolg aus, die Infektionen werden nicht gestoppt, Geld und Zeit werden vergeudet.
Da nicht jeder Desinfektionswirkstoff jeden pathogenen Erreger vernichten kann, ist es bei auftretenden Krankheiten vorteilhaft eine Keimbestimmung durchführen zu lassen. Die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG) prüft jedes zugelassene Desinfektionsmittel und bestätigt für welche Erreger, in welcher Konzentration, Einwirkzeit und Temperatur es wirksam ist. Unter www.desinfektion-dvg.de sind diese Informationen stets aktuell (zurzeit die 13.Liste) aufgeführt. Besondere Beachtung ist dabei dem vorhandenen Erregerspektrum und den dazu wirksamen Wirkstoffen zu widmen, im Besonderen wenn es sich nicht nur um eine vorbeugende, sondern um eine spezielle Desinfektion handelt.
Wie muss vorgegangen werden, damit die Erreger nicht überleben können?
- Iglus/Kälberboxen auf eine freie Fläche stellen und die alte Standfläche bzw. den Stall sauber ausmisten.
- Die Fläche mit viel Wasser einweichen und mit einem Scheuerbesen reinigen.
- Anschließend mit einem Hochdruckreiniger alle Standflächen, sowie Iglus /Kälberboxen reinigen, sodass die Materialoberflächen bis in alle Ecken eindeutig sauber sind. Danach mit klarem Wasser noch die losen Schmutzreste abspritzen. Beim Nachweis von Kryptosporidien, Kokzidien, Salmonellen, Clostridien u.a. ist mit Reinigungsmittel oder Schaum zu reinigen und gut nachzuspülen, weil Kälberkot Fett enthält, der mit kaltem Wasser nur ungenügend entfernt wird. Schmutz und insbesondere Fettreste beeinträchtigen die Wirksamkeit der nachfolgenden Desinfektion.
- Alle Flächen abtrocknen lassen, damit die Wasserreste das anschließend aufgebrachte Desinfektionsmittel nicht verdünnen.
- Die Desinfektionslösung ist entsprechend der Anweisungen des Herstellers auf dem Kanister oder dem Produktdatenblatt anzumischen. Die Vorgaben zur Konzentration, Temperatur und Einwirkungszeit sind unbedingt einzuhalten.
Entscheidend für eine gute Wirkung ist, dass die vorher gereinigte und abgetrocknete Fläche vollständig mit der Desinfektionslösung benetzt wird. Für eine wirksame Desinfektion gibt die DVG 0,4 Liter Gebrauchslösung pro m² Oberfläche an. Abhängig von der Art der Ausbringung kann man beim Benutzen einer Gießkanne mit 1,0 Liter/m² und beim Sprühen mit 0,4 bis 0,1 Liter/m² planen. Gitter werden als volle Flächen berechnet.
Hilfe zur Ermittlung der Wasser- und Desinfektionsmittelmengen für den Ansatz der Desinfektionsmittellösung bietet das zu diesem Artikel gehörende Excelprogramm. Es ist möglich individuelle Boxengrößen, Konzentrationen und die Art der Ausbringung einzugeben. - Entsprechend der Anweisung des Herstellers bzw. der Vorgabe der DVG- Liste muss der Desinfektionslösung eine bestimmte Einwirkungszeit gewährt werden.
- Alle desinfizierten Flächen müssen vor dem Einstreuen und Wiederbelegen abgetrocknet sein. In geschlossenen Ställen ist ausreichend zu lüften, bevor sie wieder genutzt werden.
- Für die ausführende Arbeitskraft ist die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften beim Umgang mit chemischen Wirkstoffen unbedingt einzuhalten.
In der Praxis fällt immer wieder auf, dass Kälberiglus nur mit dem Hochdruckreiniger gewaschen werden und die Desinfektion mit einer Gießkanne nur auf die Standfläche aufgebracht oder nur flüchtig auf die Iglus gegossen wird. Die genannten Kryptosporidien und andere Sporenbildner bleiben über Monate in feuchtem Milieu infektiös. Werden die Flächen der Iglus nicht mit desinfiziert, können sie auch nach Monaten eine Ursache für Kälberdurchfall werden. Eine wirksame Desinfektion ist arbeits- und zeitaufwendig und verursacht Kosten, deshalb ist es umso wichtiger, dass sie in allen Arbeitsschritten so durchgeführt wird, dass sie auch zum Erfolg führt.
Die Beschreibung des Excelprogramms: Berechnung der Wasser- und Desinfektionsmittelmenge für die Kälberstalldesinfektion
Um ein effektives Arbeiten bei der Desinfektion zu ermöglichen, wird ein Programm zur Ermittlung der Wasser- und Desinfektionsmittelmengen angeboten. Es ist in der angehängten Excel-Datei enthalten. Die roten Felder sind freie Eingabefelder (nur Zahleneingaben führen zu Ergebnissen). Die grünen Felder sind Ergebnisfelder.
Für die Berechnung von Wasser- und Desinfektionsmittelmengen können in Tabelle 2 die Verbrauchsvorgaben aus der Literatur oder aus eigenen Erfahrungen eingetragen werden. Der Verbrauch an Desinfektionslösung pro m² ist nach Erfahrungswerten wie folgt zu planen:
Gießen | 1,00 l/m² |
Grobes Sprühen | 0,40 l/m² |
Sprühen | 0,10 l/m² |
Die Desinfektionsmittelkonzentration ist nach Herstellerangabe bzw. nach DVG-Liste einzusetzen.
Bild 1
stellt die schematische Bemaßung eines Iglus mit der Umzäunung des Auslaufes in der Seiten- und Draufsicht dar.
Tabelle 1
zeigt die beispielhafte Iglugröße für ein Kalb, und bietet die Möglichkeit die Maße der im eigenen Betrieb vorhandenen Iglus einzutragen. Durch die Eingabe der Anzahl vorhandener Iglus erhält man die Menge der erforderlichen Desinfektionslösung.
Tabelle 2
ermöglicht die geplante Menge der Desinfektionslösung pro m², abhängig vom Verfahren Sprühen oder Gießen sowie die Desinfektionslösungskonzentration einzugeben.
Tabelle 3
gibt die Größe für alle Flächen der Iglus und der Gitter (innen und außen) an. Die Gitter werden wegen der Sprühverluste dabei als volle Flächen betrachtet. Für diese Flächen werden die Wasser- und Desinfektionsmittelmengen angegeben.
Tabelle 4
gibt die Größe für die Standflächen der Iglus und Ausläufe an. Für diese Flächen werden die Wasser- und Desinfektionsmittelmengen angegeben.
Die addierten Mengen aus Tabelle 3 und 4 ergeben den Gesamtbedarf an Wasser und Desinfektionsmittel.
Anhang:
Exceltabelle: Berechnung der Wasser- und Desinfektionsmittelmenge für die Kälberstalldesinfektion
Die Exceldatei kann für Nicht-Mitglieder über mitgliederbetreuung@wgmev.de angefordert werden.