Einfluss der Zitzendesinfektion nach dem Melken und der Melkzeugzwischendesinfektion auf die Häufigkeit von Strichkanalbesiedlungen

Die Mastitis zählt heutzutage zu den klassischen „Berufskrankheiten“ der Milchkühe und ist eine der häufigsten Ursachen für eine vorzeitige Schlachtung. Die verursachenden Erreger werden nach ihren Infektionswegen in Umwelt- und Kuh- assoziierte Keime unterschieden. Zur zuletzt genannten Gruppe zählen Mycoplasmen, Galt-Streptokokken und Staph.-aureus. Diese Erreger können sich langfristig in den Eutern von Milchkühen festsetzen und werden zu jeder Melkzeit mit der Milch ausgespült. Dabei kontaminieren sie die Melkerhände, Euterlappen und vor allem die Zitzengummis und werden auf andere Kühe übertragen. Um eine Mastitis zu entwickeln, müssen sich diese Keime jedoch erst auf der Zitzenkuppe und im Strichkanal festsetzen, der Eingang ins Euter muss von den Erregern besiedelt werden. Dieser Prozess kann einige Tage bis Wochen dauern und wird nur abgekürzt, wenn durch Lufteinbrüche in das Melkzeug, die vorhandenen Keime ins Euter katapultiert werden.

Die Vermeidung von Neuinfektionen mit Kuh-assoziierten Mastitiserregern beruht auf zwei Strategien. Zum einen wird durch Verwendung von Einwegmaterial zur Zitzenreinigung, durch wiederholtes Reinigen der Hände und durch Melkzeugzwischendesinfektion die Übertragung der Erreger deutlich reduziert. Zum anderen wird durch die Zitzendesinfektion nach Abnahme des Melkzeuges (Dippen) die Kolonisierung des Strichkanals mit Mastitiserregern weitgehend verhindert.

Die Wirkung der Zitzendesinfektion nach dem Melken lässt sich auf verschiedene Weise prüfen. Normalerweise werden Dippmittel im Rahmen von Feldversuchen oder durch künstliche Infektionsversuche getestet, wobei die Anzahl der Neuinfektionen in den gedippten und ungedippten Vierteln verglichen wird. Weniger aufwendig ist der Nachweis von Strichkanalbesiedlungen. In einer Studie, an der mehrere Mitglieder der WGM beteiligt waren (Barth, Baumgart, Franke, Geidel, Model, Spohr), wurde ein Testverfahren genutzt, das in den 80er Jahren in Südafrika entwickelt und 1992 von Sonja Schött in Leipzig getestet wurde. Mithilfe eines sterilen Tupfers wird dabei ein Abstrich aus dem Strichkanal auf das Vorhandensein von Mastitiserregern untersucht. Eine Strichkanalbesiedlung liegt sicher vor, wenn eine Mindestzahl von Bakterien isoliert wird und die Zellzahl des Viertelanfangsgemelks unter 100.000/ml liegt. In 31 Herden wurden 42 Untersuchungen durchgeführt und dabei 970 Strichkanaltupfer und Milchproben gewonnen. Fast die Hälfte der Strichkanalbesiedlungen wurden durch koagulase-negative Staphylokokken (KNS) verursacht, in einem Viertel der Fälle ließ sich Staph.-aureus im Strichkanal der eutergesunden Kühe nachweisen.

In Betrieben, in denen eine sachgerechte Zitzendesinfektion durchgeführt wurde, lag der Anteil der Zitzenkanalbesiedlungen bei 24%. Ähnlich gute Ergebnisse wurden erreicht, wenn lediglich eine Melkzeugzwischendesinfektion durchgeführt wurde. Betriebe, die keine Zitzendesinfektion oder reine Pflegemaßnahmen an den Zitzen durchführten, hatten einen Anteil von 52% Strichkanalbesiedlungen.

Einfluss von Hygienemaßnahmen auf die Häufigkeit von Zitzenkanalbesiedlungen

Bei Verwendung von Chlor-, Jod- oder Milchsäure-haltigen Dippmitteln war die Häufigkeit von Strichkanalbesiedlungen gleich niedrig. Im Gegensatz dazu war bei Dippmittel auf der Basis von Fettsäuren oder Pflanzenextrakten, bzw. bei alleiniger Verwendung von Melkfett eine häufigere Besiedlung (4=sonstiges; 75%) festzustellen. Die geringe Häufigkeit von Strichkanalbesiedlungen bei Einsatz von Milchsäure- Dippmitteln ist überraschend, da diese Produkte erfahrungsgemäß bei der Sanierung von Staph.-aureus- oder Galt-Herden wenig erfolgreich sind.

Einfluss der Wirkstoffe von Dippmitteln auf die Häufigkeit von Zitzenkanalbesiedlungen

Die Art der Verabreichung der Desinfektionsmittel hatte ebenfalls einen Einfluss auf die Häufigkeit von Zitzenkanalbesiedlungen: bei Verwendung Chlor- oder Jod-haltiger Dippmittel mit dem Dippbecher war der Anteil der Strichkanalbesiedlungen mit 20% signifikant niedriger als beim Versprühen (30%).

Einfluss der Verabreichungsart von Zitzendesinfektions- mitteln auf die Häufigkeit von Zitzenkanalbesiedlungen

Die Schlussfolgerungen aus der Studie, die sich mit internationalen Empfehlungen zur Vermeidung von Neuinfektionen durch Kuh-assoziierte Mastitiserreger decken, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
  • Die Häufigkeit von Strichkanalbesiedlungen bei eutergesunden Kühen kann durch die Anwendung von Desinfektions- und Pflegemitteln an der Zitze, als auch durch die Melkzeugzwischendesinfektion beeinflusst werden.
  • Zitzendesinfektion nach dem Melken und Melkzeugzwischendesinfektion beeinflussen zwar unterschiedliche Bereiche der Infektionskette, erzielen aber bei fachgerechter Anwendung gleich gute Ergebnisse.
  • Für die Prophylaxe in eutergesunden Beständen sind die gängigen Dippmittel auf der Basis von Chlor-, Jod- und Milchsäure-Verbindungen ausreichend. Erfahrungen aus der Sanierung von Mastitisproblembetrieben (Staph.-aureus und Galt) zeigen jedoch, dass bei Einsatz von Chlor- oder Jod-haltigen Produkten mit Arzneimittelzulassung ein besserer Sanierungsfortschritt erzielt werden kann.
  • Das Dippmittel sollte möglichst mit einem Dippbecher auf die Zitze aufgetragen werden, um eine vollständige Benetzung der Zitzenkuppe und der Strichkanalmündung zu erreichen. Versprühen des Dippmittels ist mit einem Wirkungsverlust verbunden, der sich z.B. bei stationären Dippanlagen bis zur Wirkungslosigkeit reduzieren kann.

Wenn in einem Betrieb nicht gedippt wird, sollte spätestens beim Nachweis Kuh- assoziierter Mastitiserreger als Ursache von Neuinfektionen mit der Maßnahme begonnen werden. Auch wenn sich daraufhin die Eutergesundheit bessert, kann auf diese Maßnahme langfristig nicht mehr verzichtet werden. Je größer die Herde und das Leistungsniveau, um so notwendiger wird diese Prophylaxemaßnahme. Bei der Auswahl der Dippmittel sind solche Produkte zu wählen, die entweder eine Arzneimittelzulassung besitzen oder nach Biozid-Richtlinie gelistet sind (BauA- Nummer mit N beginnend).

LITERATUR

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