Ute Müller
Universität Bonn, Institut für Tierwissenschaften
Eine Studie des Instituts für Tierwissenschaften der Universität Bonn hat ergeben, dass bei 61 von 100 zufällig ausgewählten Milchviehherden Chlamydien nachgewiesen wurden, d. h. mindestens ein Tier pro Herde in 61 % der untersuchten Betriebe mit Chlamydien infiziert war. Da zum einen Chlamydien nicht regelmäßig im Vaginalsekret nachweisbar und zum anderen die Bakterien über direkten Tierkontakt ansteckend sind, kann davon ausgegangen werden, dass, wenn ein Tier positiv getestet wird, die gesamte Herde gefährdet ist und weitere Tiere ebenfalls infiziert sind.
Infektionen mit Chlamydia spp. bei Rindern können eine Vielzahl verschiedener Symptome und Krankheitsbilder hervorrufen. So sind vor allem Erkrankungen des Genitaltraktes, Fertilitätsstörungen, Verkalbungen und Aborte als Folgen von Infektionen mit Chlamydia spp. bekannt. Chlamydien-Infektionen verlaufen allerdings meist subklinisch, so dass in der einzelnen Herde konkrete Symptome/Anhaltspunkte fehlen, die auf Chlamydien rückschließen lassen.
Im Rahmen unserer epidemiologischen Studie wurden durch Auswertung von Fragebögen und Beobachtungen folgende Risikofaktoren für eine kontinuierliche Infektion mit Chlamydieninfektion identifiziert:
- Zukauf von Tieren aus anderen Herden (ohne Quarantäne),
- Einsatz von Deckbullen anstelle der künstlichen Besamung,
- ein fehlender separater Abkalbebereich,
- ungenügende bzw. mangelhafte Boxen- und Laufgangreinigung sowie damit einhergehenden unsauberen Kühe.
Als Kennzeichen für Infektionen mit Chlamydien wurden eine hohe Kälbersterblichkeit sowie das häufigere Auftreten von Aborten, Kalbungen vor dem errechneten Geburtstermin, aber auch von entzündeten Gelenke, Klauen und/oder Störungen im Bewegungsapparat festgestellt.
Auf diesen epidemiologischen Ergebnissen aufbauend konnte durch Regressionsanalysen ein Modell entwickelt werden, mit dessen Hilfe – im Vergleich zu Alternativmodellen – am genauesten das Risiko für eine Chlamydieninfektion in einer Milchviehherde abgeschätzt werden kann. Dieses Modell kann wie eine Checkliste gehandhabt werden.
Die finale Liste enthält die Faktoren „Kälbersterblichkeit“, „Ort der Abkalbung“ und „Art der Besamung“ (siehe Tabelle).
Tabelle: Checkliste für Chlamydienrisiko in noch nicht getesteten Milchviehbetrieben
Faktor |
Note 1 |
Note 2 |
Note 3 |
Kälbersterblichkeit (27. Trächtigkeitswoche bis 7. Tag p.p.) |
< 2 % |
2–10 % |
> 10 % |
Ort der Abkalbung |
Einzel-Abkalbebox |
Gruppen-Abkalbebox |
Keine Abkalbebox |
Art der Besamung |
Künstliche Besamung (KB) |
KB und Deckbulle |
Nur Deckbulle |
Mit Hilfe dieses Modells konnte/kann eine Gesamtvorhersagewahrscheinlichkeit von 84 % erreicht werden, wobei 79,5 % der negativen Betriebe (31 von 39) und 86,9 % der positiven Betriebe (53 von 61) richtig eingestuft werden konnten.
Die dargestellte Checkliste kann Zeit und Kosten ersparend genutzt werden, um den Chlamydien-Status eines auf den Erreger bisher nicht getesteten Betriebes festzustellen und dann – entsprechend dem Ergebnis – gegebenenfalls weitere Diagnoseschritte einzuleiten. Die Liste bietet demnach den ersten Schritt, auf einfache Weise das unterschätze Problem der Chlamydieninfektion beim Milchvieh anzugehen.
Quellen:
Kemmerling K., Müller U., Mielenz M. & Sauerwein H. (2009): Chlamydophila spp. in Dairy Farms: PCR-prevalence, disease association, and risk factors identified in a cross-sectional study in Western Germany. Journal of Dairy Science, 92 (9): 4347-4354
Müller U., Sachse K., Kemmerling K., Rietz Ch. & Sauerwein H. (2013): Identification of certain management practices and health data associated with Clamydia infection status in German dairy herds. The Veterinary Journal, 197: 905-907
Beitrag zum download als pdf:
Chlamydien_Müller_Nov_2013